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Gesa Teichert-Akkermann und Verena Ackermann mit ihrer Tochter Paula.

Zwei Mütter, ein Teilerfolg

Familie Akkermann zieht vors Bundesverfassungsgericht, inter*Babys erhalten mehr Schutz und Schweizer Journalist*innen wehren sich gegen Sexismus. Der Wochenrückblick aus feministischer Perspektive. #KW12

Montag, 22. März

Am Montag habe ich den Schritt gewagt und eine Support-Seite angelegt. Von nun an ist es möglich, meine Arbeit als „Der Hase im Pfeffer“ auch finanziell zu unterstützen. Warum ich mich dafür entschieden habe und welche Möglichkeiten es gibt, könnt ihr hier nachlesen: https://feminismuss.de/support

Weil es sich so gut verbinden lässt, habe ich mir überlegt, ein Oster-Spezial für neue Unterstützer*innen auf Steady anzubieten. Neben den Paketen Zwergkaninchen (36€/Jahr), „Feldhase“ (60€) und „Belgischer Riese“ (108€) gibt es bis einschließlich Ostermontag das Paket „Osterhase“ im Angebot: Eine Jahresmitgliedschaft kostet 48€ (statt 60€) pro Jahr und als Dankeschön gibt es ein Überraschungspaket per Post!

Dienstag, 23. März

In Boulder, im US-Bundesstaat Colorado, hat ein 21-jähriger Mann zehn Menschen im Alter zwischen 20 und 65 Jahren in einem Supermarkt erschossen. Über das Motiv ist bislang nichts bekannt. Medienberichten zufolge gibt es Hinweise auf Mobbing-Erfahrungen und eine psychische, möglicherweise paranoide, Erkrankung des Täters. Während nun die berechtigten Forderungen nach strengeren Waffengesetzen verstärkt Gehör finden, frage ich mich, wann wir endlich darüber reden, dass Massenmorde und Amokläufe ein nahezu rein männliches Phänomen sind. Ich wünsche mir sehr, dass der Faktor Männlichkeit Berücksichtigung in den Analysen findet, denn nur so kann auch Prävention gelingen. Der Shooter von Boulder hatte Medienberichten zufolge Aggressionsprobleme, wurde in der Vergangenheit wegen Körperverletzung verurteilt. Körperliche Gewalt und Männlichkeit(svorstellungen) hängen eng miteinander zusammen. So lange wir als Gesellschaft gewalttätiges Verhalten bei Männern akzeptieren und bis zu einem gewissen Grad sogar fördern, werden wir Taten wie die in Boulder nicht in den Griff bekommen. Mir ist durchaus bewusst, dass Attentate wie dieses in Deutschland zum Glück sehr selten sind, allerdings bilden Massentötungen auch nur die Spitze des Eisbergs der Gewalt.

In Gedenken an die Todesopfer des Boulder-Shootings:

  • Tralona Bartkowiak, 49
  • Suzanne Fountain, 59
  • Teri Leiker, 51
  • Kevin Mahoney, 61
  • Lynn Murray, 62
  • Rikki Olds, 25
  • Neven Stanisic, 23
  • Denny Stong, 20
  • Eric Talley, 51
  • Jody Waters, 65

Mittwoch, 24. März

Das Oberlandesgericht in Celle hat den Fall der Familie Akkermann an das Bundesverfassungsgericht weitergeleitet und dabei klar festgestellt, dass es das geltende Abstammungsrecht für verfassungswidrig hält. Verena Akkermann und Gesa C. Teichert-Akkermann sind verheiratet und haben eine gemeinsame Tochter, Paula. Doch die gemeinsame Anerkennung als Eltern wird ihnen in Deutschland verwehrt. Deshalb hat das Ehepaar gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) Klage eingereicht.

Das Abstammungsrecht sieht keine zwei Mütter vor. Während der Vater eines Kindes, das von verheirateten Hetero-Eltern geboren wird, als Vater anerkannt wird, unabhängig davon, ob er der „biologische Vater“ ist, muss bei einem lesbischen Ehepaar ein Elternteil das Kind in einem langwierigen Prozess als „Stiefkind“ adoptieren.

Mit der Feststellung des Celler Gerichts wird der Fall der Akkermanns nun vor dem Bundesverfassungsgericht entschieden und könnte damit bald für mehr Gleichberechtigung von Regenbogen-Familien sorgen.

Die Femizide der Woche

In dieser Woche habe ich wieder drei Femizide in Deutschland gezählt, über die es Medienberichte gibt.  In Delmenhorst wurde eine 28-jährige Frau am Mittwoch mit einem Messer angegriffen und getötet, tatverdächtig ist nach Polizeiangaben ihr 62-jähriger Lebensgefährte.

In Bochum wurde ebenfalls am Mittwoch die Leiche einer 47-Jährigen gefunden, die Polizei geht aufgrund der Gesamtumstände von einem Tötungsdelikt aus und hat eine Mordkommission eingerichtet. Ein 42-jähriger Mann, in dessen Wohnung die Getötete aufgefunden wurde, sitzt in U-Haft.

Am Donnerstag tötete offenbar ein 59-jähriger Mann seine 47-jährige Ehefrau in der gemeinsamen Wohnung in Haan (Nordrhein-Westfalen). „Als die Polizei vor Ort war, fanden sie eine 47-jährige Frau mit Schussverletzungen in einer Küche vor. Sie verstarb im Verlauf des Abends im Krankenhaus“, teilte die Staatsanwaltschaft mit. 

Nochmal Mittwoch

Die ZEIT berichtet über den Fall Lina E. Die 26-jährige Studentin sitzt seit Monaten im Gefängnis, weil Polizei und Staatsanwaltschaft in ihr eine linksextreme Terroristin sehen. Beweise dafür gibt es keine, lediglich ein paar Indizien. Die lesenswerte Recherche könnt ihr hier lesen.

Donnerstag, 25. März

In Neuseeland haben Eltern nach einer Fehlgeburt künftig Anspruch auf drei Tage bezahlten Sonderurlaub. Das Parlament in Wellington verabschiedete einstimmig den entsprechenden Gesetzentwurf. Fehlgeburten gelten damit als Trauerfall und betroffene Eltern müssen sich nicht mehr krankmelden.

Auch am Donnerstag

Der Bundestag hat am Donnerstag mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD dem Gesetzentwurf „zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung“ zugestimmt. FDP, Linke und Grüne enthielten sich, da sie zwar grundsätzlich die Zielsetzung unterstützten, die Rechte der Betroffenen aber nicht ausreichend geschützt sehen. Die AfD stimmte gegen den Entwurf. Das Gesetz soll intergeschlechtliche Kinder vor operativen Eingriffen an ihren Genitalien schützen, die nur dazu dienen, sie an ein binäres Geschlechterbild von männlich oder weiblich anzupassen. Das ist ein wichtiger Schritt im Sinne der Menschenrechte, die deutsche Vertretung der Internationalen Vereinigung Intergeschlechtlicher Menschen (IVIM) erklärte: „Wir begrüßen, dass nach fast 25 Jahren Inter*aktivismus nun ein erstes Gesetz in Deutschland vorliegt, das intergeschlechtliche Personen und insbesondere inter*Kinder sichtbar macht und schützen will“.

Doch bei näherem Hinsehen ist die Freude über diesen ersten Schritt schnell gedämpft, denn der Gesetzentwurf sieht vor, weiterhin chirurgische Eingriffe zuzulassen, die zwar vermeintlich nicht die binär-geschlechtliche „Angleichung“ zum Ziel haben, diese aber dennoch erreichen. Außerdem werden ausdrücklich „psychische Gesundheitsgefahren“ benannt, die einen chirurgischen Eingriff erlauben. Es besteht also die Möglichkeit, dass sich in der Praxis nichts ändert und (neugeborene) Kinder weiterhin „normangleichend“ operiert werden. Weiterhin sollen die Operationen möglich bleiben, die eine Heilung oder Beseitigung von „Funktionsstörungen“ oder zum Erhalt der Reproduktionsfähigkeit zum Ziel haben, auch ohne eine konkrete Gesundheitsgefahr. „Damit werden faktisch (hetero)normkonforme Funktionen wie ‚Penis-in-Vagina‘ Geschlechtsverkehr und potentielle Fortpflanzungsfähigkeit als wichtiger erachtet, als die körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung der Inter*Person“, sagt Ins A Kromminga, Vorstandsmitglied des IVIM.

Freitag, 26. März

Das Schweizer Medienhaus „Tamedia“ kündigt an, die Sexismusvorwürfe von 78 Journalist*innen untersuchen zu lassen. In einem Brief an die Geschäftsleitung und die Chefreaktionen verschiedener „Tamedia“-Redaktionen, u.a. des „Tagesanzeiger“, schreiben die Unterzeichner*innen: „Frauen werden ausgebremst, zurechtgewiesen oder eingeschüchtert. Sie werden in Sitzungen abgeklemmt, kommen weniger zu Wort, ihre Vorschläge werden nicht ernst genommen oder lächerlich gemacht. Frauen werden seltener gefördert und oft schlechter entlohnt.“ Die Corona-Pandemie hätte die Lage für weibliche Mitarbeiter*innen teilweise sogar verschlechtert. Die Unterzeichner*innen beklagen zudem, dass Frauen zwar häufig „Gegenstand, selten aber Teil der Diskussion“ seien. Über junge Frauen würde zwar „als neue Zielgruppe“ diskutiert, die „Themen-Inputs der Redaktorinnen aber übergangen“. Im Anhang des insgesamt 12-seitigen Schreibens sind Vorfälle aufgelistet, die Einblick in den (Redaktions-)Alltag der Betroffenen geben. Die Unterzeichner*innen beenden den Brief mit den Worten:

„Die Probleme sind strukturell. In den vergangenen Jahren hat eine ganze Reihe von Frauen aus diesen Gründen das Unternehmen verlassen. Dies führt dazu, dass die Zahl der Frauen auf den Redaktionen weiter abnimmt. Und die verbleibenden Frauen noch mehr unter den genannten Strukturen leiden. Es drohen weitere Abgänge, es droht der Verlust wichtiger weiblicher Stimmen und Expertise. Wir sind nicht bereit, diesen Zustand länger hinzunehmen.“

Aus dem Brief der 78 Journalist*innen an das Medienhaus „Tamedia“

Samstag, 27. März

In der Türkei demonstrierten erneut Tausende gegen den Austritt aus der Istanbul-Konvention, dem internationalen Abkommen gegen Gewalt an Frauen. In Istanbul skandierten die Protestierenden immer wieder „Wir haben keine Angst, wir werden nicht schweigen, wir werden nicht nachgeben“, berichtet die Tagesschau. Auch in Ankara kam es zu Demonstrationen.

Erdoğan begründet den Austritt mit dem angeblichen Einfluss Homosexueller: queere Leute hätten die Istanbul-Konvention gekapert, um Homosexualität zu normalisieren, schreibt die Pressestelle des türkischen Präsidenten. Das sei mit den Werten der Regierung nicht vereinbar und deshalb habe man die Entscheidung zum Austritt getroffen. Frauen und Queers in der Türkei sind dementsprechend wütend. Und uns allen sollten die Vorgänge in der Türkei eine Mahnung sein, dass unsere Kämpfe zusammengehören und unsere Freiheitsrechte nicht teilbar sind.

Sonntag, 28. März

Der UN-Sonderberichterstatter für Myanmar, Tom Andrews, ruft die Welt auf, einzugreifen. Das Vorgehen der Militärjunta sei ein „Massenmord“. Worte reichten nicht aus, es sei nun höchste Zeit für ein robustes und koordiniertes Handeln, erklärte Andrews.

Nach dem Putsch am 1. Februar herrscht eine Militärjunta über das südostasiatische Land. Die Bevölkerung wehrt sich mit massiven Protesten, die jedoch immer wieder brutal niedergeschlagen werden. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivist*innen wurden seit Beginn der Proteste 420 Menschen getötet und mehr als 2.600 inhaftiert. Allein am Samstag sollen 100 Demonstrierende getötet worden sein, darunter auch Kinder. „Wir erhalten Berichte über Dutzende von Toten, einschließlich Kindern, Hunderten Verletzte an 40 Orten und Massenverhaftungen“, twitterte das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte am Samstag.

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