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Griechenland legalisiert die "Ehe für Alle" (Fotos Pexels / Montage von mir)

Ευχαριστώ Ελλάδα

In Griechenland dürfen queere Paare endlich heiraten und Kinder adoptieren, der deutsche Karneval zeigte sich von seiner rassistischen Seite und rechtsextreme Vorfälle an Sachsens Schulen nehmen stark zu. Der Wochenrückblick aus feministischer Perspektive. #KW7

Montag, 12. Februar

Karneval in Deutschland ist auch 2024 ein nach Bierfahne stinkender Mix aus schlechter Schunkelmusik und offenem Rassismus. (Und ja, ich weiß: „Not All Jecken“, aber doch mehr als genug!) Am Rosenmontag kommt das Oktoberfest mit Clownsnasen traditionell zu seinem Höhepunkt. Aber in Bad Schandau (Sachsen) wurde bereits am Samstag dem fröhlichen rassistisch sein gefrönt. Vier Personen in Black Face und „Afro“-Perücken verteilten Schokoküsse, die auf einem Schild als „N-Wortküsse“ bezeichnet wurden. Sie zogen einen Bollerwagen mit Koffern hinter sich her und auf einem weiteren Schild stand „Die Schlange aus der Savanne“ und die Rückseite war ein gelbes Ortsschild mit der Aufschrift „Europa ↑ Afrika“. Eine Stellungnahme vom städtischen Karnevalsverein gibt es nicht. Ein Blick auf die Homepage verrät uns allerdings ihr diesjähriges Motto: „Wilde Tiere in der Halle, kommt mit auf Safari – Dalle Malle!“ – Keine weiteren Fragen. Dass Rassismus kein exklusiv sächsisches Problem ist, wissen wir längst und auch der Straßenkarneval in anderen Regionen Deutschlands enttäuschte hier nicht:

In Kempten (Bayern) zeigte ein Traktor beim Faschingsumzug ein rassistisches Plakat mit der Aufschrift „Deutschland macht überall auf die Tor, drum singt die ganze Dschungelschar im Chor“. In Sachsenkam (auch Bayern) gingen ebenfalls Personen mit Blackface beim Umzug mit, laut Bayerischem Rundfunk, weil sie sich von einer geplanten Unterkunft für geflüchtete Menschen „überfordert“ fühlen. Ja, das steht da tatsächlich.

In Köln zeigte der „Überraschungswagen“ beim Rosenmontagsumzug die rassistische Karikatur einer Frau, die mit Kufiya als Palästinenserin dargestellt wurde. Sie trug eine Schärpe mit der Aufschrift „Antisemitismus“ und hielt zwei Hunde an der Leine, die Halsbänder in den Farben der palästinensischen Fahne trugen und mit „Hass“ und „Gewalt“ beschriftet waren. Für das Kölner Festkomitee ist diese rassistische Menschenverachtung eine „kurze satirische Momentaufnahme“.

Dienstag, 13. Februar

Am Dienstag stellte Bundesfamilienministerin Lisa Paus gemeinsam mit Vertreter*innen „Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz“ die Ergebnisse der Studie „Lauter Hass – leiser Rückzug. Wie Hass im Netz den demokratischen Diskurs bedroht“ vor. Zentrale Ergebnisse sind zum Beispiel, dass knapp jede zweite Person (49 %) schon einmal online beleidigt und ein Viertel (25 %) der Befragten mit körperlicher Gewalt sowie 13 % mit sexualisierter Gewalt konfrontiert wurden. Besonders betroffen sind Frauen, Menschen mit sichtbarem Migrationshintergrund sowie queere Personen. Die digitale Gewalt ist eine reale Gefahr für die Demokratie. 57 % der befragten Personen gaben an, aus Angst seltener die eigene Meinung im Internet zu äußern. Zuletzt kam 2019 eine Studie zu einem ähnlichen Ergebnis. Ob diesmal Konsequenzen aus den Ergebnissen gezogen werden, bleibt offen. Die Autor*innen der aktuellen Studie stellen zumindest ganz konkrete politische Forderungen: Besserer Schutz und Unterstützung der Betroffenen, Plattformen in die Verantwortung nehmen und mehr Förderung der politischen Bildung und Medienkompetenz.

Mittwoch, 14. Februar

Die Zahl rechtsmotivierter Straftaten an Schulen in Sachsen hat 2023 einen neuen Höchststand erreicht. 122 Fälle wurden im vergangenen Jahr von der Polizei registriert, ein Anstieg um 67 Prozent gegenüber 2022. Das heißt, dass es an jedem dritten Tag zu einem rechtsextremen Vorfall an einer Schule kommt, bei dem die Polizei eingeschaltet wird. Fälle, die nicht zur Anzeige gebracht werden, sind hier dementsprechend nicht mitgezählt. Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) spricht von insgedamt 149 Vorfällen „mit rechtsextremem Hintergrund“, die den Schulaufsichtsbehörden gemeldet wurden. Dazu kommt dann noch die Dunkelziffer der Fälle, die von Lehrkräften und / oder Schulleitungen gar nicht erst als rechtsextrem eingestuft werden und in keiner Statistik auftauchen. In der Antwort der Sächsischen Staatsregierung auf die Kleine Anfrage der LINKEN-Abgeordneten Kerstin Köditz lassen sich die registrierten Vorfälle im Einzelnen nachlesen. Hier eine Auswahl (bitte lies nur, wenn du nicht von Rassismus und Antisemitismus betroffen bist) :

  • 13. Januar 2023, Flöha: Drei Schüler der 9. Klasse beleidigen wiederholt einen Schüler mit Migrationshintergrund grundlos mit Worten wie: „Schwarze Sau“, „Schießt den Schwarzen ab!“.
  • 20. März 2023, Chemnitz: Ein Schüler der 7. Klasse rief viermal während des Unterrichts „Heil Hitler“.
  • 27. März 2023, Dresden: Schülerinnen einer 8. Klasse meldeten dem Klassenlehrer, dass einige Jungen der Klasse wiederholt den Hitlergruß gezeigt haben und sich in einer Chatgruppe „Adolf Hitler“ antisemitisch und rassistisch geäußert haben. Ein Schüler wurde fotografiert, als er ein Hakenkreuz an die Tafel malte
  • 26. April 2023, Weinböhla: Kl. 6 im Geographieunterricht: Während die LK die Europahymne anspielt, zeigten zwei Schüler bewusst und deutlich den Hitlergruß in die Klasse.
  • 15. Mai 2023, Schönheide: Schüler lassen durch den Google-Translater im Informatikunterricht unterschiedliche verfassungswidrige, judenfeindliche Äußerungen vorsprechen
  • 17. Mai 2023, Hohenstein: massive Beleidigung ein[e]s Schülers mit Migrationshintergrund
  • 30. Mai 2023, Schwarzenberg: Ein Schüler zeigt am Mahnmal „Glockenturm“ [der Gedenkstätte Buchenwald] den Hitlergruß, ein zweiter Schüler filmt und verbreitet den Film
  • 14. Juni 2023, Neusalza: Schüler kommt mit Hakenkreuzen auf dem T-Shirt in Schule
  • 27. August 2023, Wurzen: Wir erhielten gestern einen Anruf einer Mutti, die uns mitteilte, dass ihre Tochter Angst hat, in die Schule zu gehen. Als Grund gab sie an, dass es am Mittwoch, 23.08.23 in der 2. Mittagspause im Pausenraum einen Vorfall mit 4 Jungen gab. Es fielen folgende Worte: „Früher war es viel schöner, als Hitler da war. So jemanden wie dich hätten sie damals vergast. So was wie dich hätte es damals nicht gegeben.“
  • 5. September 2023, Leipzig: Schüler hat in der Schulbibliothek auf seinem Schullaptop bei Google verfassungsfeindliche Parolen und Codes gesucht. Er wollte dabei nach eigenen Angaben ein Hintergrundbild für sein Tablet suchen. Die Suchangaben lauteten „Ausländer raus“ und „Ausländer raus 88“.
  • 8. September 2023, Hohenstein: Die Schüler der Klasse 4a erhielten ihre „Abschieds-T-Shirts. Ein Schüler zeichnete auf die Shirts einiger Mitschüler Hakenkreuze und munterte Mitschüler auf dies auch zu tun.
  • 18. September 2023, Delitzsch: S. äußerte sich im Unterricht, den Holocaust habe es nie gegeben. Der Fachlehrer sowie zahlreiche Mitschüler hörten dies
  • 24. Oktober 2023, Reichenbach: Zwei Auszubildende im 2. Lehrjahr Mechatroniker für Kältetechnik trugen im Elektrolabor zu Beginn der 7. Unterrichtsstunde (13.30 Uhr) jeweils eine nicht zu übersehende schwarze Armbinde mit weiß aufgetragener SS-Rune.
  • 13. November 2023, Rochlitz: einem Schüler (15 J., Klasse 9 RS) sind aus seiner Jacke mehrere Sticker und Flyer mit Inhalten wie „Kretschmer verhaften“, „Deutsche Jugend Voran“, „Heimat verteidigen“ „Offene Grenzen zerstören unsere Sicherheit“, „Asylantenheim Nein Danke“ im Flur unseres Schulhauses herausgefallen
  • 13. November 2023, Mülsen: Während der Mittagspause gingen auf dem Schulhof zwei Schüler der KS 9 auf einen Schüler der KS 5 zu. Zu diesem Schüler wurde, auch lt. Zeugenaussage von SuS der KS 6, geäußert: „Du fetter N[*]“.

Donnerstag, 15. Februar

Auch in dieser Woche gab es wieder mehrere Femizide. In Essen (NRW) tötete am Donnerstag mutmaßlich ein 47-jähriger Mann seine 41 Jahre alte Ehefrau. Der 16-jährige Sohn der Frau rief die Polizei, Medienberichten zufolge soll er sich gemeinsam mit seinem 8 Jahre alten Geschwisterkind während der Tat ebenfalls in der Wohnung aufgehalten haben. Als die Rettungskräfte eintrafen, war die Frau bereits tot. Am Tag darauf, am Freitag, wurde in Damme (Niedersachsen) eine schwerverletzte 41-Jährige auf der Straße gefunden, die kurz darauf verstarb. Die Polizei geht von einem Gewaltverbrechen aus und verdächtigt den 49 Jahre alten Ehemann, der kurz nach der Tat in einen Autounfall verwickelt war. Bereits am vergangenen Sonntag wurde in Salzgitter (Niedersachsen) eine Frau tot in ihrer Wohnung gefunden. Die Ermittler*innen vermuten, dass die 23-Jährige getötet wurde, der tatverdächtige 27 Jahre alte Partner der Frau, wurde am Dienstag in Göttingen tot aufgefunden.

Freitag, 16. Februar

Eine gute Nachricht kam diese Woche aus Griechenland. Das Parlament hat mit großer Mehrheit die standesamtliche Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Damit ist Griechenland das erste christlich-orthodoxe Land, in dem queere Paare heiraten dürfen. Das Gesetz gibt ihnen weitgehend dieselben Rechte wie heterosexuellen Familien. Sie dürfen Kinder adoptieren und werden beide sorgeberechtigt, auch wenn sie nicht beide biologische Eltern des Kindes sind. Der konservative Premierminister Kyriakos Mitsotakis erklärte vor der Abstimmung: „Menschen, die bisher unsichtbar waren, werden endlich sichtbar gemacht, und mit ihnen werden viele Kinder endlich ihren rechtmäßigen Platz finden (…) Die Reform macht das Leben einiger unserer Mitbürger besser, ohne das Leben vieler zu beeinträchtigen.“ Anhänger*innen der einflussreichen griechisch-orthodoxen Kirche protestierten vor dem Parlamentsgebäude. Die Tagesschau berichtet, dass einige Bischöfe den Abgeordneten ihrer Regionen drohten, sich „gut zu überlegen, wofür sie sich entscheiden“. Doch die Einschüchterungsversuche reichten nicht aus: 176 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, die nötige Mehrheit. „Dies ist ein historischer Moment“, sagte die Leiterin der Gruppe gleichgeschlechtlicher Eltern „Rainbow Families“, Stella Belia, gegenüber Reuters: „Dies ist ein Tag der Freude.“

Samstag, 17. Februar

Während in Hanau am Samstag rund 8.000 Menschen auf die Straße gingen und an die Opfer des rassistischen Terroranschlags am 19. Februar 2020 erinnerten (mehr dazu im nächsten Wochenrückblick) gründete sich auf einem Schiff auf dem Rhein in der Nähe von Remagen eine neue extrem rechte Partei: Die WerteUnion (und ja, das ist deren Eigenschreibweise – mit sogenannter Binnen-Majuskel – aber sich übers Gendersternchen aufregen). Der Vorstand der neuen Partei: Alexander Mitsch (lehnt die gleichgeschlechtliche Ehe ab und ist für die deutliche Reduzierung von Abtreibungen), Albert Weiler, Hans-Georg Maaßen (vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist gespeichert), Sylvia Kaufhold (für die die der Einsatz für Rechte von trans Menschen „Irrsinn auf Kosten der Solidargemeinschaft“ ist und deren Twitteraccount sich wie der eines Neonazis liest) und Kay-Achim Schönbach (streng katholischer Militär, der wegen seiner Äußerungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde). Ich freue mich schon auf die ersten Bachelorarbeiten, die versuchen die inhaltlichen Unterschiede in den Parteiprogrammen von WerteUnion und AfD herauszustellen.

Sonntag, 18. Februar

Das Nasser-Krankenhaus in Chan Yunis im Gaza-Streifen ist verloren. Der Direktor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, schrieb am Sonntagmorgen auf der Plattform, die früher Twitter hieß, die Klinik sei nach einwöchiger israelischer Belagerung und dem anschließenden Militäreinsatz nicht mehr funktionsfähig. Vertreter*innen der WHO sei es verboten worden, das Krankenhausgelände zu betreten, um sich selbst ein Bild zu machen. Laut Tagesschau bestätigte auch ein Sprecher der Gesundheitsbehörde in Gaza, dass der Krankenhausbetrieb vollständig zum Erliegen gekommen sei. „Das israelische Militär hat versichert, der Einsatz im Nasser-Krankenhaus richte sich nicht gegen Mediziner oder Patienten“, heißt es bei der Tagesschau. Tedros Adhanom Ghebreyesus erklärte jedoch: „Es befinden sich immer noch etwa 200 Patienten im Krankenhaus. Mindestens 20 von ihnen müssen dringend in andere Kliniken überwiesen werden, um dort medizinisch versorgt zu werden (…) Die Kosten für die Verzögerungen werden mit dem Leben der Patienten bezahlt.“

Medico International sammelt Spenden für die medizinische Versorgung der Hunderttausenden Menschen in Gaza, die vertrieben wurden und in einer unvorstellbaren humanitären Notlage sind. Hier könnt ihr spenden.

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