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Petra Gerstner geht in den Ruhestand. (Illustration und Foto von mir.)

CDU lol

Die CDU ist immer noch besessen vom Gendern, anstatt sich um ihren rechten Flügel zu kümmern, Österreich wird immer faschistischer und Petra Gerstner verlässt die Nachrichten. Der Wochenrückblick aus feministischer Perspektive. #KW21

Montag, 24. Mai

Die Hamburger CDU machte mit einem Vorstoß von sich reden, die geschlechtergerechte Sprache verbieten zu wollen. Der Parteivorsitzende in Hamburg, Christoph Ploß, sagte dem Spiegel, er wehre sich gegen eine grammatikalisch falsche, künstliche und ideologisch motivierte Gendersprache und halte ein Verbot für sinnvoll. Seine Hamburger Parteikolleg*innen stellten sich geschlossen hinter ihn. „Die Hamburger CDU spricht sich dafür aus, dass in allen Behörden, Schulen, Universitäten und anderen staatlichen Einrichtungen keine grammatisch falsche Gender-Sprache verwendet wird“, heißt es in einem einstimmigen Beschluss des Parteiführungsgremiums, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Ich habe ehrlicherweise überhaupt keine Lust mehr, mich mit diesem nervigen Thema zu befassen. Es ermüdet mich, immer wieder über die gleichen Sachen reden zu müssen. Die gleichen Leute, die in jeder Diskussion über Geschlechtergerechtigkeit fragen, ob wir „nichts Besseres zu tun hätten“, bringen das Thema ständig wieder aufs Tapet. Die CDU, die einfach null Inhalte hat, um im Bundestagswahlkampf zu bestehen, will mal wieder übers Gendern reden. Wisst ihr was? Die deutsche Sprache war immer gegendert: im generischen Maskulinum. Findet euch damit ab, dass ihr den Sprachwandel nicht aufhalten könnt, auch wenn ihr es euch noch sehr wünscht. Das generische Maskulinum wird früher oder später genauso von der Bildfläche verschwinden wie die rassistischen Namen von Grillsaucen und die luftverpestenden SUVs aus der Innenstadt.

Dienstag, 25. Mai

Der erste Todestag von George Floyd hat uns alle an die grausame Tötung des Afroamerikaners in Minneapolis erinnert und daran, dass es erst ein weltweit verbreitetes Video geben musste, damit die rassistische Polizeigewalt von einer breiten Öffentlichkeit thematisiert wurde. Ich werde die Bilder wohl mein Leben lang nicht vergessen und ich frage mich immer noch, ob wir diesen Livemittschnitt einer Tötung auch dann in der Tagesschau zu sehen bekommen hätten, wenn das Opfer weiß gewesen wäre. In Deutschland weisen wir Gewalt und Rassismus in der Polizei noch immer weit von uns. Ergebnisoffene Studien, die das Problem untersuchen, werden nach wie vor abgelehnt. Dabei kommt es auch hierzulande immer wieder zu tödlichen „Vorfällen“. Seit 1990 wurden 180 Vorkommnisse von rassistischer Polizeigewalt in Deutschland gezählt, die tödlich endeten. Die allermeisten Fälle sind ohne Konsequenzen geblieben. Wenn wir an George Floyd denken, sollten wir immer auch an Oury Jalloh, Christy Schwundeck, Qosay Sadam Khalaf und Rooble Warsame denken.

Mittwoch, 26. Mai

Petra Gerster hat ihre letzte „heute“-Sendung moderiert. Nach mehr als 30 Jahren beim ZDF und fast 23-Jahren als Gesicht der Hauptnachrichtensendung ist die 66-Jährige nun in den Ruhestand gegangen. Es ist nicht selbstverständlich, dass eine Moderatorin noch bis zum Rentenalter vor der Kamera steht. Häufig wurden die Frauen der Branche schon deutlich früher abgesägt verabschiedet. Der Journalistinnenbund hat sie im vergangenen Jahr mit der Hedwig-Dohm-Urkunde für ihr Lebenswerk ausgezeichnet: „Früher als andere hat sie Frauen sprachlich sichtbar gemacht, gendert in ihren Moderationen klug und elegant. Petra Gerster ist mutig und beharrlich und damit für uns Frauen in den Medien ein Vorbild“, hieß es in der Begründung. Die Nachfolge von Petra Gerster, die sich selbst „immer als Feministin gesehen“ hat, wird Jana Pareigis antreten. Das freut mich sehr. Pareigis, die selbst von Rassismus betroffen ist, hat für die Neuübersetzung von James Baldwins Essayband „Nach der Flut das Feuer“ (The Fire Next Time) 2019 das Vorwort geschrieben. Darin schreibt sie:

„Nicht nur in den USA, auch hier gibt es immer schon Widerstand gegen Rassismus: seien es Demonstrationen gegen rechtsextreme Gewalttaten, die ersten erfolgreichen Forderungen nach einem Antidiskriminierungsgesetz oder Kampagnen für die Umbenennung kolonialer Straßennamen. Dabei ist es schwer, in der öffentlichen Debatte damit durchzudringen, welche Ausmaße Rassismus hat. Insbesondere in sozialen Medien schlagen einem rassistischer Hass und Hetze entgegen. Pro Jahr werden Tausende antisemitische, antimuslimische sowie rassistische Angriffe verübt, vor allem auf Geflüchtete und nur wenige TäterInnen werden festgenommen oder angeklagt. Es hat sich eine Abwesenheit von Empathie breitgemacht, mit der über Menschen gesprochen wird, die im Mittelmeer auf der Flucht ertrinken. Es gibt Ignoranz. All das trägt dazu bei, dass sich Rassismus in Deutschland hartnäckig hält.“

Jana Pareigis im Vorwort zu „Nach der Flut das Feuer“ von James Baldwin

Donnerstag, 27. Mai

Österreich wird mehr und mehr zu einem neofaschistischen Schurkenstaat. Der jüngste Coup der rechts-grünen Regierung: Eine „Landkarte des politischen Islam“, auf der die Namen und Adressen von 623 muslimischen Organisationen, Verbänden und Moscheen öffentlich einsehbar zusammengetragen wurden. Die Muslimische Jugend Österreich will gegen diese „nie da gewesene Grenzüberschreitung“ nun Klage einreichen. Auch die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich erklärte, die interaktive Karte zeige die „Absicht der Regierung, pauschal alle in Österreich lebenden Muslime und Musliminnen als potenzielle Gefahr zu stigmatisieren“.

Donnerstagnacht wurde in Wien auf zwei Muslima mit Kopftuch geschossen, als sie gerade aus dem Auto stiegen. Die gerufene Polizei spielte den Vorfall herunter, es sei ja nur eine Schreckschusspistole gewesen, und nahm nur sehr widerwillig überhaupt eine Anzeige auf.

Freitag, 28. Mai

Deutschland erkennt die grausamen Verbrechen an den Herero und Nama als Völkermord an. Eine Meldung, auf die viele Nachkommen der kolonialisierten Völker Namibias lange gewartet haben. Und doch ist es kein Tag zum Feiern, denn die entscheidende Konsequenz daraus, Reparationen, schloss der Außenminister Heiko Maas direkt aus: „Rechtliche Ansprüche auf Entschädigung lassen sich daraus nicht ableiten“. Völkerrechtlich sei man zu nichts verpflichtet. Das ärgert auch den in Berlin lebenden Herero-Aktivisten Israel Kaunatjike. Im Interview mit der Berliner Zeitung brachte er auf den Punkt, dass die vermeintlich große Geste Deutschlands nur ein faules Ei ist. Denn die Verbände, die die Mehrheit der Herero und Nama in Namibia vertreten, waren an den Gesprächen überhaupt nicht beteiligt: „Die Bundesrepublik Deutschland schließt einen Vertrag mit der namibischen Regierung. Und diese ist nicht dazu autorisiert, über unsere Geschichte zu verhandeln. Man muss doch mit den Leuten reden, die von der Vernichtung betroffen waren. Und das in Aussicht gestellte Hilfsprogramm für Namibia in Höhe von 1,1 Milliarden Euro ist Entwicklungshilfe und hat mit Reparationen überhaupt nichts zu tun. Das Wort wird auch nicht mehr in den Mund genommen, denn die deutsche Regierung hat Angst, einen Präzedenzfall zu schaffen.“ Und auch der wahrscheinlich klügste Mann in Deutschland, der Kolonialismusforscher Jürgen Zimmerer, erklärte: „Wenn Aussöhnung das Ziel war, ist man jetzt weiter davon entfernt als vor dem Beginn der Verhandlungen.“

https://twitter.com/juergenzimmerer/status/1398536691619708928?s=20

Die Femizide der Woche

In Berlin ist eine 75-jährige Frau in ihrer Wohnung getötet worden. Tatverdächtig ist ein 20-jähriger Nachbar der Frau. Ein weiterer Femizid ereignete sich offenbar in Kronach bei Coburg. Ein 34-jähriger Mann soll in einer Asylsuchendenunterkunft eine 31-jährige Frau und deren zweijährige Tochter mit einem Messer getötet haben. Der mutmaßliche Täter ist über den Balkon in die Wohnung der Frau eingedrungen und hat nach der Tat ein Feuer gelegt, bei dem er selbst lebensgefährlich verletzt wurde. Die Ermittler*innen gehen von einer „Beziehungstat“ aus.

Samstag, 29. Mai

Am 29. Mai 1993 wurden in Solingen bei einem Brandanschlag fünf Mädchen und Frauen getötet.

  • Gürsün İnce (* 4. Oktober 1965)
  • Hatice Genç (* 20. November 1974)
  • Gülüstan Öztürk (* 14. April 1981)
  • Hülya Genç (* 12. Februar 1984)
  • Saime Genç (* 12. August 1988)

Außerdem wurden ein sechs Monate alter Säugling, ein dreijähriges Kind und der 15 Jahre alte Bekir Genç wurden mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Bekir Genç erlitt schwerste Verbrennungen und unterzog sich seit dem Anschlag insgesamt 30 Operationen und Hauttransplantationen. 14 weitere Familienmitglieder erlitten zum Teil lebensgefährliche Verletzungen. Eine knappe Woche nach dem Anschlag wurden drei junge Männer bzw. Jugendliche im Alter zwischen 16 und 23 Jahren aus der Solinger Neonazi-Szene festgenommen. Die Täter wurden zu Freiheitsstrafen von 10-15 Jahren verurteilt, inzwischen sind alle vier aus der Haft entlassen, zwei von ihnen vorzeitig wegen guter Führung. Die Überlebenden leiden bis heute unter den Folgen der Tat.

Sonntag, 30. Mai

Während die CDU versucht mit einem albernen Feldzug gegen geschlechtergerechte Sprache vorzugehen, formiert sich am rechten Rand eine ernstzunehmende Front, die sich bereit macht, den Laden zu übernehmen, sobald Lulli Laschet und nicht mehr Angela Merkel am Ruder ist. Die sogenannte Werteunion ist schon in der Vergangenheit mit Rechtsaußen-Takes aufgefallen und hat jetzt mit Max Otte einen Vorsitzenden, der zwar seit 1991 CDU-Mitglied ist, aber vor den letzten Bundestagswahlen lautstark verkündete die AfD wählen zu wollen. Die Werteunion ist keine offizielle Parteiorganisation, sondern ein Verein mit etwa 4.000 Mitgliedern, u.a. Hans-Georg Maaßen und PEGIDA-Versteher Werner J. Patzelt. Mit Maaßen, Otte und Merz ist die CDU rechtsaußen personell prominent aufgestellt. Sollte die CDU die kommende Wahl gewinnen, droht uns, dass mindestens Minister*innenämter mit AfD-nahen Kräften besetzt werden. Bislang hat sich die CDU noch nicht distanziert, genauso wenig wie die Grünen von einem Schwarz-Grünen Bündnis. Beides sehr bedenklich, wenn ihr mich fragt.

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