Das vergangene Jahr hat uns gezeigt, dass der Kapitalismus nicht funktioniert, das aber viele Menschen nicht wirklich stört. Ich habe mir ein paar Gedanken dazu gemacht, was wir daraus lernen können und was wir 2021 besser machen müssen.
2020 war Mist, da sind wir uns wohl alle einig. Das nun vergangene Jahr hat uns gezeigt, dass wir in einem System leben, in dem mit dem Grundrecht auf Wohnen Profit gemacht wird. In dem Konzerne Dividenden an Aktionär*innen ausschütten, während die Arbeiter*innen in Kurzarbeit geschickt werden. Ein System, das Menschenhandel perfektioniert hat, um einen schier endlosen Strom billiger Arbeitskräfte aus Osteuropa in der hiesigen Fleischindustrie auszubeuten.
Der Kapitalismus funktioniert nicht
Wir leben in einem System, in denen pflegende, betreuende, versorgende Berufe mit Niedriglöhnen abgespeist werden und Gesundheit eine Ware geworden ist, mit der Profite gemacht werden müssen. Ein System, in dem sich der Reichtum der Wenigen vergrößert, in dem die Allerreichsten nicht einmal Steuern zahlen. Ein System, in dem Wohnungen und Hotels leer stehen, während Menschen auf der Straße oder in überfüllten Flüchtlingslagern an den EU-Außengrenzen frieren.
Wir haben 2020 gesehen, dass der Kapitalismus eben nicht das „beste System“ ist. Wir haben gesehen, dass diejenigen, die immer behaupten „Der Markt regelt das“, die für ihr „unternehmerisches Risiko“ Steuererleichterungen gefordert und erhalten haben, die ersten waren, die staatliche Unterstützung in der Krise bekommen haben.
Das System, das sind auch die Menschen
Aber 2020 hat uns auch gezeigt, dass das viele Menschen überhaupt nicht interessiert. Wir haben gesehen, dass Menschen bei einem satirischen Kinderlied auf die Barrikaden gehen, für die Hanauer Opfer von rassistischem Terror aber allenfalls ein Schulterzucken übrig haben. 2020 hat uns gezeigt, dass rassistische Chatgruppen in der Polizei und rechtsextreme Umsturzpläne von Militärs diesen Menschen völlig gleichgültig sind, während sie wegen einer Kolumne gegen Polizeigewalt Anzeige erstatten. Es sind die gleichen Leute, die die Maskenpflicht für Kindesmisshandlung halten, aber kein Problem damit haben, dass Kinder in Moria und Kara Tepe von Ratten gebissen werden. Es sind Menschen, die gegen Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung zu Tausenden auf die Straße gehen, in völliger Ignoranz der Realität. Menschen, die auf ihr tägliches Billigfleisch bestehen, aber sich vor den Inhaltsstoffen einer Impfung fürchten. Die Wissenschaftler*innen für fremdgesteuerte Marionetten halten, aber einem durchgeknallten Youtuber alles glauben.
Besser wird’s selten von selbst
2020 hat uns gezeigt, dass wir ziemlich am Arsch sind. Dass es so zwar weitergehen kann, dass das dann aber keine Zukunft wäre, in die wir gerne blicken.
Mit Hoffnung blicken wir auf das neue Jahr. 2021 soll besser werden, uns entschädigen für das Vorjahr. Doch das wird kaum von selbst geschehen. Es liegt an uns, was zu verändern. Und damit meine ich nicht, dass wir einfach an unserem „Mindset“ arbeiten sollen, dass es ausreicht, positiv zu denken. Nein, das reicht nicht. Wir müssen mehr tun. Wir müssen uns gegenseitig helfen, Unterstützung geben und annehmen, wir müssen Verständnis zeigen, wo es Verständnis braucht, aber wir müssen aufhören Wissenschaftsfeindlichkeit als „Meinung“ zu akzeptieren.
Wir müssen Rassismus und Antisemitismus entschieden entgegentreten und nicht beide Augen zudrücken, weil es vielleicht ja nicht „so gemeint“ ist. Wir müssen uns organisieren und solidarisieren. Nicht gegen „die da oben“, sondern ganz konkret. Gegen Gentrifizierung, gegen Ausbeutung, gegen rechte Hetze, gegen Verdrängung und Polizeigewalt. Wir müssen einander zuhören, aber da widersprechen, wo Fakten ignoriert oder Menschen verachtet werden. Wir müssen lernen, Fehler einzugestehen, um Entschuldigung zu bitten und wir müssen lernen zu verzeihen.
Ich finde, Neujahr ist ein guter Zeitpunkt damit zu beginnen. In diesem Sinne: Happy New Year!