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Auf die queere Bar "b sieben" in Rostock wurde ein Brandanschlag verübt. Foto: Rostock Nazifrei

Wieder getan

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Auf eine queere Bar in Rostock wurde ein Brandanschlag verübt, im Sudan nehmen sich Opfer sexualisierter Gewalt das Leben, Israel verbietet das Palästinenserhilfswerk UNRWA und das Selbstbestimmungsgesetz tritt in Kraft. Der Wochenrückblick aus feministischer Perspektive. #KW44

Montag, 28. Oktober

Am Montag beschloss das Parlament Israels mit großer Mehrheit, die Arbeit des UN-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) auf israelischem Staatsgebiet zu verbieten. Nur zehn Abgeordnete stimmten dagegen. Ohne die Hilfen von UNRWA wird sich die Lage der Palästinenser*innen weiter verschlechtern. UNRWA sichert das palästinensische (Über-)Leben in nahezu allen Bereichen: Schulen, Krankenhäuser, mobile Kliniken und Gesundheitszentren, Wohnungsbau, Organisation und Verteilung von Hilfsgütern – UNRWA ist nach Aussage von Medico International „eine quasi-staatliche Einrichtung, die soziale und zivile Dienste für einen großen Teil der palästinensischen Flüchtlinge bereitstellt“. Israel begründet das Verbot mit einer angeblichen Unterwanderung des UNRWA durch Hamas-Angehörige und eine Beteiligung am Terroranschlag vom 7. Oktober 2023. Eine Pauschalverurteilung der mindestens 13.000, in Spitzenzeiten bis zu 30.000, UNRWA-Beschäftigten. Beweise für den Vorwurf legte Israel trotz internationaler Aufforderung bislang nicht vor. Chris Whitman, Büroleiter Israel und Palästina bei Medico, glaubt, dass das Vorgehen gegen das UN-Hilfswerks andere Gründe hat: „Ziel der Entfernung der UNRWA ist im Kern die Zerstörung der ‚palästinensischen Flüchtlingsfrage‘. Schon lange vor dem 7. Oktober hat die derzeitige Koalition der extremen Rechten in Israel bei zahlreichen Gelegenheiten die Absicht bekundet, nicht nur die UNRWA, sondern letztlich alle Einrichtungen, die an der Versorgung der palästinensischen Flüchtlinge beteiligt sind, aufzulösen – einschließlich der Palästinensischen Autonomiebehörde.“

Dienstag, 29. Oktober

Im Sudan wurden in letzter Zeit mehrere Fälle von Suiziden von Frauen gemeldet, die zuvor von Kämpfern der Rapid Support Forces (RSF) vergewaltigt wurden. Menschenrechtsorganisationen haben verschiedene Fälle dokumentiert. Das physische und psychische Trauma wird durch mangelnde medizinische oder psychologische Hilfe verstärkt. Aufgrund der zerstörten Infrastruktur des Gesundheitswesens stehen die Opfer von (sexualisierter) Kriegsgewalt ohne Unterstützung da. Die BBC berichtet zudem von Frauen, die sich zum gemeinschaftlichen Suizid verabreden, um dem Horror zu entgehen. Ein am Dienstag veröffentlichter UN-Bericht geht von mindestens 400 Frauen und Mädchen aus, die seit Beginn des Konflikts Opfer sexualisierter Gewalt als Kriegswaffe wurden. Die Opfer sind zwischen 8 und 75 Jahre alt. Die tatsächliche Zahl liegt vermutlich sehr viel höher. Auch Jungen und Männer sind von der sexualisierten Gewalt betroffen, so der UN-Bericht. „Diese Frauen, Mädchen, Jungen und Männer im Sudan, die zunehmend sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt sind, brauchen Schutz“, sagte der UN-Sachverständige Joy Ngozi Ezeilo. „Ohne Rechenschaftspflicht wird sich der Kreislauf von Hass und Gewalt fortsetzen. Wir müssen der Straflosigkeit Einhalt gebieten und die Täter zur Rechenschaft ziehen.“ Seit Beginn des Krieges zwischen den sudanesischen Machthabern und der RSF-Miliz im April 2023 wurden Zehntausende Menschen getötet und mehr als 11 Millionen vertrieben.

Mittwoch, 30. Oktober

Der Naziterror in Neukölln, auch als „Neukölln Komplex“ bekannt, beschäftigt Berlin nun schon seit weit über einem Jahrzehnt, insbesondere auch deshalb, weil die Verstrickung der Polizei darin viele Fragen aufwirft. Selbst der parlamentarische Untersuchungsausschuss konnte keine Klärung bringen und der Terror geht einfach immer weiter. Am Mittwoch berichtete der Tagesspiegel über den derzeit laufenden Prozess gegen zwei mutmaßliche Täter, der frühere NPD-Kader Sebastian T. und der frühere AfD-Politiker Tilo P., die im Februar 2018 die Autos vom Lokalpolitiker Ferat Koçak und von dem Buchhändler Heinz Ostermann angezündet haben sollen. Ihnen werden unter anderem Brandstiftung, Sachbeschädigung, Bedrohung und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen. Noch während des Prozesses ist einer der Bedrohten von damals erneut Opfer einer mutmaßlich rechtsextrem-motivierten Tat geworden. Heinz Ostermann, der die Buchhandlung „Leporello“ in Rudow führt, berichtet, dass erneut die Reifen seines Autos aufgeschlitzt wurden. „Ich denke, dass es sich um eine Tat von Rechten handelt (…) Sie wissen, welches Auto mir gehört“, sagte Ostermann zur Presse.

Donnerstag, 31. Oktober

Das „Centre for Feminist Foreign Policy” (CFFP), eine Beratungs- und Forschungsorganisation mit Sitz in Berlin, steht massiv in der Kritik. Den Vorwürfen gegen die von Kristina Lunz und Nina Bernarding gegründete gGmbH widmete sich am Donnerstag sogar ein Artikel in der taz. Mehrere prominente Beiratsmitglieder hatten das CFFP in einem öffentlichen Statement kritisiert und den Beirat verlassen. „Unsere Entscheidung wurde aus einer Reihe von Gründen getroffen, darunter die Bemühungen, uns in Bezug auf Gaza zum Schweigen zu bringen, und die schlechte Behandlung von Mitgliedern des Beirats, die unserer Meinung nach im grundlegenden Widerspruch zu feministischen Werten steht“, erklärten die britisch-iranische Autorin und Unternehmerin, Sanam Naraghi Anderlini, und die US-amerikanische Feministin und Aktivistin, Kavita Nandini Ramdas, auf LinkedIn: „Wir würden es gerne sehen, wenn das CFFP zu einer wirklich globalen, intersektionalen und inklusiven Organisation heranreift, nicht nur in Worten, sondern auch in Taten.“ Nachdem das CFFP den Beirat dann gänzlich auflöste, meldeten sich auch ehemalige Mitarbeiter*innen anonym bei Instagram: „Wir bestätigen, dass wir während unserer Amtszeit Zeuge von systematischer schlechter Behandlung und Traumatisierung durch die CFFP-Leitung (…) geworden sind.“ Sie geben an, dass heute alle nicht-weißen Mitarbeiter*innen, die am 7. Oktober 2023 zum CFFP-Team gehörten, nicht mehr dort tätig seien. Viele seien entlassen worden oder ihre Verträge seien ohne jede Erklärung gekündigt worden, während andere hinausgedrängt worden seien, als sie versucht hätten, sich für bessere Arbeitsbedingungen und ein Anti-Rassismus-Training für das Management einzusetzen. Auch die ehemaligen Mitarbeiter*innen sprechen vom Silencing palästinasolidarischer Stimmen und der Ausbeutung intersektionaler feministischer Konzepte für persönliche Zwecke der CFFP-Leitung. Die Webseite vom CFFP ist derzeit offline, auf Instagram wurde am Donnerstag ein kurzer Post veröffentlicht: „Inmitten des Hasses und der Lügen erkennen wir an, dass es auch berechtigte Kritik gibt, und wir sehen sie, hören sie und nehmen sie uns zu Herzen. Wir sind allen dankbar, die respektvoll miteinander kommunizieren, konstruktives Feedback geben und uns in diesem Prozess unterstützen.“

Freitag, 1. November

Am Freitag ist das Selbstbestimmungsgesetz offiziell in Kraft getreten. Trans, inter und nicht-binäre Personen haben nun das Recht ihren amtlichen Geschlechtseintrag und offiziellen Vornamen ändern zu lassen. Es reicht die Selbstauskunft beim Standesamt. Teure, langwierige und teils erniedrigende Verfahren mit psychiatrischen Gutachten sind nicht länger erforderlich. Trotzdem bleibt das Gesetz weit hinter den Erwartungen und Hoffnungen der Betroffenen zurück. Es ist ein „Weniger-Fremdbestimmungsgesetz“ geworden, von echter Selbstbestimmung ist nicht mehr so viel übrig. Das fängt damit an, dass eine dreimonatige Wartefrist eingeführt wurde, die zwischen Anmeldung beim Standesamt und tatsächlicher Änderung im Personenstandsregister liegen muss. Weiterhin enthält das Gesetz einige transmisogyne Passagen, die es weiterhin erlauben sollen, trans Frauen von der Benutzung öffentlicher Einrichtungen, wie Saunen oder Schwimmbäder, auszuschließen. Im „Spannungs- und Verteidigungsfall“ behält sich der Staat außerdem vor, die Änderungen von trans Frauen nicht anzuerkennen und sie gegen ihren Willen zum Militärdienst einzuziehen. Juliana Franke von der Initiative „Selbstbestimmung Selbstgemacht“ erklärt es so: „man bekommt ein Zivil- und ein Militärgeschlecht zugewiesen. Die Änderung betrifft also nur das zivile Leben. Bei einem Bußgeldbescheid wirst du also mit deinem neuen Namen als Frau angeschrieben, aber wenn es darum geht, dass du eingezogen werden sollst, ist der vorherige Geschlechtseintrag in diesem zeitlichen Zusammenhang bestimmend, und die Person bleibt männlich.“ Problematisch und diskriminierend ist auch, dass asylsuchende Menschen vom Gesetz ausgeschlossen sind, bzw. der Zugang massiv erschwert ist.

Samstag, 2. November

Samstagnacht kam es in Rostock zu einem Brandanschlag auf die queere Bar „B Sieben“. Ein Unbekannter warf einen Sprengsatz, vermutlich einen Molotowcocktail, durch die Scheibe in den Innenraum, wo sich sofort ein Brand ausbreitete. Die Feuerwehr war zum Glück schnell vor Ort und konnte alle Bewohner*innen des Mehrfamilienhauses evakuieren. Der Sachschaden wird auf rund 100.000 Euro geschätzt. „Sie haben es wieder getan. Zum Glück wurde niemand verletzt. Was sind das nur für Zeiten?“, schrieb der Betreiber des 2008 eröffneten Lokals auf Instagram. Die Bar war bereits im September Opfer eines mutmaßlich rechtsextrem motivierten Angriffs. Damals wurde versucht einzubrechen, ein Fenster, eine Tür und die Klimaanlage wurden beschädigt und Brandspuren sowie Flaschen mit einer Benzinähnlichen Flüssigkeit hinterlassen. Rostock Nazifrei zeigte sich auf Instagram solidarisch: „Wir sind schockiert und bestürzt angesichts des zweiten Brandanschlags auf das @bsieben.de! Nach dem ersten Anschlag Mitte September, der glücklicherweise relativ glimpflich ausging, waren der oder die Täter diesmal deutlich aggressiver unterwegs. (…) Der Hass, dem derzeit die LGBTIQ+ Community ausgesetzt ist, ist unerträglich. Seien es Brandanschläge, Neonazi-Aufmärsche gegen CSD-Demos oder parlamentarische Initiativen wie Verbote von Regenbogenflaggen oder gendergerechter Sprache.“ Bei einem kurzfristig eingerichteten Spendenaufruf für das B Sieben kamen nach wenigen Stunden bereits knapp 10.000 Euro zusammen.

Sonntag, 3. November

In Berlin-Marzahn hat heute mutmaßlich ein Mann seine Frau und zwei Kinder getötet. Die Leichen der 31-jährigen Frau und der fünf und sechs Jahre alten Mädchen waren am Sonntagnachmittag in einer Wohnung gefunden worden. Der mutmaßliche Täter ist flüchtig.

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