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Psychische Gesundheit und Feminismus

Wie Patriarchat und Kapitalismus krank machen und die psychische Gesundheit mehr und mehr zum Konsumgut wird.

Das Patriarchat macht krank. Das gilt gleichermaßen für den Kapitalismus und bekanntlich gehen die beiden Hand in Hand. Das bedeutet, dass die Menschen besonders leiden, die weniger privilegiert sind: Frauen, Queers, trans und inter Personen, Menschen mit Behinderung, dick_fette Personen, Bi_PoC und Menschen mit wenig finanziellen Ressourcen. Menschen, die intersektionale Diskriminierung erfahren, sind zusätzlich belastet und damit besonders gefährdet, psychisch zu erkranken.

Auch Männer leiden unterm Patriarchat

Auch wenn sie in vielerlei Hinsicht privilegiert sind: Auch cis Männer leiden unter dem Patriarchat. Und zwar immer dann, wenn sie von der Vorstellung heteronormativer Männlichkeit abweichen. Psychische Erkrankungen gelten im Patriarchat als Schwäche und schwach sein wird mit Weiblichkeit assoziiert. Toxische Männlichkeit sorgt dafür, dass Männer nicht lernen über ihre Gefühle zu sprechen und seltener psychologische und medizinische Hilfe suchen. Im Jahr 2019 wurden 76 % der Suizide in Deutschland wurden von Männern begangen.

Diskriminierung macht krank

Diskriminierung und Ausgrenzungserfahrungen können erhebliche gesundheitliche Folgen haben und u.a. Depressionen, Angst- und Abhängigkeitserkrankungen fördern. Zahlreiche Studien belegen, dass sozial marginalisierte Gruppen besonders von psychischen Belastungen und psychischen Erkrankungen betroffen sind. Permanente Mikroaggressionen, wie sie bspw. rassifizierte oder trans Menschen erleben, können die mentale Gesundheit massiv negativ beeinträchtigen.

Menschen, die Diskriminierung erfahren, sind nicht nur gefährdeter, psychisch zu erkranken, sie haben häufig auch schlechteren Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten. Das hat finanzielle Gründe, denn psychische Gesundheit kostet Geld, es liegt aber auch daran, dass marginalisierte Personen häufig schlechte Erfahrungen mit Ärzt*innen gemacht haben und / oder mit ihren Beschwerden nicht ernstgenommen wurden. Das trägt zu einer zusätzlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes bei und erschwert den Zugang
zu wichtigen Hilfsangeboten.

Arbeitsfähigkeit und Verwertungslogik

Die, die es schaffen, Hilfe zu suchen und deren Krankenversicherung eine Behandlung abdeckt, erleben häufig, dass das Ziel einer Therapie vor allem ist, (wieder) arbeitsfähig zu sein. Die mentale Gesundheit eines Menschen wird wie alles andere der kapitalistischen Verwertungslogik unterworfen. Es gilt, leistungsfähig zu sein und am Konsum teilzunehmen. Therapeut*innen sind selten diversitysensibel geschult, die wenigsten haben selbst Diskriminierungserfahrungen.

Wie sehr die psychische Gesundheit selbst zu einem Produkt geworden ist, zeigt sich an dem Boom der sogenannten Achtsamkeitsindustrie, die mit Meditationsapps, Dankbarkeitsjournalen, Ausmalbüchern für Erwachsene und allerlei Wellnessprodukten aus dem Bedürfnis nach geistiger Erholung Kasse macht. Unter dem Buzzword Self Care wird die Optimierung der eigenen mentalen Gesundheit zum weiteren To Do auf einer langen Liste gesellschaftlicher Anforderungen. Was in den 90ern Fitness war, ist heute Achtsamkeit. Und es gilt zu performen.

Self Care ist nicht käuflich

Wir müssen das Konzept der Self Care von der kapitalistischen Verwertung und Entfremdung zum Konsumgut zurückerobern. Self Care als revolutionäre Praxis ist nichts, das man kaufen kann. Self Care ist auch nicht der egoistische Einzelkampf, zu dem uns die Girlbosse herausfordern wollen. Self Care ist Zärtlichkeit, ist Community, ist die Selbstliebe derer, für die das Patriarchat überwiegend Abehnung bereithält.

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