Berlin hat eine neue Regierung, trans steht im Duden, Weihnachten ist das Fest der Care Arbeit und auch diese Woche stelle ich mir die Frage: Wer cancelt endlich Luke Mockridge? Der Wochenrückblick aus feministischer Perspektive. #KW51
Montag, 20. Dezember
Der Duden hat im Jahr 2021 rund 500 Wörter neu aufgenommen. Endlich steht auch trans als Adjektiv darin. Das ist ein wichtiges Signal und ein Nachweis, dass die Debatten sich lohnen. Trans zu sein ist von einer emanzipatorischen Selbstbezeichnung zu einer nun anerkannten Begrifflichkeit geworden, um Menschen zu beschreiben, die nicht cis sind, also sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Viele trans Personen lehnen den früher gebräuchlichen Begriff „transsexuell“ ab, da dieser diskriminierend und pathologisierend ist.
Dienstag, 21. Dezember
In Berlin wurde Franziska Giffey zur ersten Regierenden Bürgermeisterin seit 1949 ernannt. Dass das für mich kein Grund zur Freude ist, wissen aufmerksame Leser*innen des Wochenrückblicks natürlich längst. Franziska Giffey, die ihren Doktortitel nach Plagiatsvorwürfen aufgab, bevor er ihr entzogen werden konnte, ist die Bürgermeisterin der Vermieter*innen. Schon vor ihrer Wahl und bevor 56 Prozent der Berliner*innen für die Enteignung großer Wohnungskonzerne gestimmt haben, erklärte Giffey, dass es mit ihr keine Enteignung geben würde, egal, wie der Volksentscheid ausginge. Franziska Giffey steht eng an der Seite der großen Wohnungskonzerne wie Vonovia, Deutsche Wohnen und Co. Unter den Gesellschaften, die 3.000 und mehr Wohnungen besitzen würden, seien „sehr viele darunter, die sehr fair und ordentlich vermieten“, sagte sie im Deutschlandfunk. Für Giffey ist ein „Anteil von mindestens 25 Prozent bezahlbaren Wohnens“ ausreichend. 2017 sagte sie: „Und wenn man sich das [Wohnen] in Deutschland nicht leisten kann, muss man wieder nach Rumänien zurück“.
Mittwoch, 22. Dezember
Es gibt aber auch gute Nachrichten aus der Berliner Landesregierung: Katja Kipping ist neue Sozialsenatorin und das macht mir ein bisschen Hoffnung. Genossin Katja ist stabile Antifaschistin, konsequente Hartz-IV-Gegnerin und eine echte Sozialistin. Ich vertraue ihr und das sage ich über so gut wie keine Berufspolitiker*innen. Go, Katja!
Donnerstag, 23. Dezember
Einen Tag vor Weihnachten hätte ich mich beinahe auf meinen Bildschirm übergeben, als ich gelesen habe, dass Luke Mockridge im kommenden Jahr mit einer neuen Show auf Tour gehen wird. Derselbe Luke Mockridge, der angeblich den „Hass“ nicht mehr ertragen konnte und sich einer Hexenjagd ausgesetzt sah, nachdem bekannt wurde, dass eine Ex-Freundin ihm eine versuchte Vergewaltigung sowie psychischen und physischen Missbrauch vorgeworfen hatte. Der Spiegel hatte eine lange Recherche dazu veröffentlicht, gegen die der Comedian offenbar erfolgreich vorging. Ich selbst versuche, nicht allzu viel über den Fall und die von Mockridge beauftragte Anwaltskanzlei zu schreiben, da ich mich vor Abmahnungen schützen möchte, die all denen ins Haus zu flattern scheinen, die sich zu dem Thema äußern. Ich hoffe einfach, dass das Folgende von der Meinungsfreiheit gedeckt ist: Ich wünschte, Luke Mockridge würde endlich gecancelt werden: Ich will, dass ihm jede Bühne entzogen wird und er öffentlich nirgendwo mehr seine unlustigen und sexualisierte-Gewalt-verharmlosenden Witze mehr machen kann. Und wenn wir schon dabei sind: Ich wünsche mir, dass der Kanzlei Schertz Bergmann die Zulassung entzogen wird. Ich wünsche denen von ganzem Herzen alles Schlechte.
Freitag, 24. Dezember
Heiligabend! Der Weihnachtsstress erreicht in vielen deutschen Haushalten seinen Höhepunkt. In heterosexuellen Partnerschaften sind es insbesondere Mütter, die vor den Feiertagen enorme Extra-Arbeit leisten. Den Adventskalender der Kinder füllen, Plätzchen backen, Schmücken, Geschenke besorgen und das Festessen planen. „Die Vorweihnachtszeit ist die Hochsaison der Gedankenarbeit. In der Zeit, in der es besonders besinnlich sein soll, muss paradoxerweise an ungleich mehr gedacht werden, damit es dann gemütlich werden kann“, schrieb Teresa Bücker letztes Jahr fürs SZ-Magazin.
Samstag, 25. Dezember
Dr. Michaela Dudley hat sich in ihrer taz-Kolumne in dieser Woche Alice Schwarzer gewidmet. Über die Chefredakteurin des radikalfeministischen Magazins „EMMA“ schreibt sie: „Den 1970er Jahren entkommen, wartet sie nun mit einem Tante-Emma-Laden voller Vorurteile auf.“ Der Anlass: Alice Schwarzer hat gemeinsam mit Chantal Louis das Buch „Transsexualität. Was ist eine Frau? Was ist ein Mann?“ im KiWi-Verlag herausgegeben, das im kommenden April erscheinen soll. Die Herausgeberinnen nennen es „eine Streitschrift“, ich nenne es transfeindliche Propaganda. Die beiden TERFs schreiben pseudowissenschaftlich über die Leben von trans Personen, stilisieren ihre Existenz als Gefahr für Frauen und melden „humanitäres und politisches Bedenken“ an, wegen des angeblichen „Trends“ zur Transition. Dr. Michaela Dudley, trans Frau, ist zurecht sauer über die selbst ernannten Feministinnen, die versuchen „uns die Autonomie über den eigenen Körper, ja über das eigene Leben abzusprechen“ und nennt Schwarzer, Louis und Co „Soldat*innen des Patriarchats“. Während die immer klugen Kolumnen von Michaela Dudley selten die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen, ist es ausgerechnet diese Ausgabe, die es in die Twitter-Trends schaffte. TERFs und rechte Maskus stehen mal wieder Seite an Seite, wenn es darum geht, eine Schwarze trans Frau anzugreifen und zu beleidigen. Wenn es nicht so ein verflucht ernstes Thema wäre (trans Personen, insbesondere trans Frauen of Color, sind in besonderem Maße von patriarchaler Gewalt betroffen), könnte man sich darüber schlapp lachen, wie das einstige Feindbild-Nr.1 zunehmend von rechten Maskulinisten abgefeiert wird. Seit Alice Schwarzer lieber gegen Muslim*innen, Sexarbeiter*innen und trans Personen hetzt, statt sich gegen das Patriarchat zu stellen, wird sie von dessen Profiteur*innen mit offenen Armen empfangen.
Sonntag, 26. Dezember
Heute ist die erste Ausgabe des Newsletters von Marija Latković erschienen. Er heißt „Gemište Gefühle“ und ich empfehle euch von Herzen, ihn zu abonnieren. Die heute erschienene Ausgabe heißt „Über Geburten und das Erzählen Schwarzer Frauenkörper“ und es geht um das aktuelle Cover des SZ-Magazins, Gesundheitskompetenz, die Sexualisierung Schwarzer Frauen und die Institution ‚weißer Mann‘.
Ich verabschiede mich aus diesem feiertagsbedingt-kurzen Wochenrückblick mit dieser Twitterperle:
Soooo gut, Deine Berichte, Kommentare und Deine klare Haltung. Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute, Gesundheit und Erfolg für Deine so wichtige Arbeit.