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Ist Nancy Faeser etwa die erste Antifaschistin im Innenministerium?

Kann Ulf Poschardt eigentlich schreiben?

Giovanni di Lorenzo und Florian Illies mackern rum, Franziska Giffeys Rassismus fliegt auf und „Die Welt“ verhöhnt Überlebende des Holocaust. Der Wochenrückblick aus feministischer Perspektive. #KW5

Montag, 31. Januar

In Kusel (Rheinland-Pfalz) wurden am frühen Montagmorgen ein Polizist und eine Polizeianwärterin offenbar bei einer Verkehrskontrolle erschossen. Später am Tag wurden 38-Jähriger und ein 32-Jähriger im saarländischen Sulzbach festgenommen. Der ältere Mann soll sich telefonisch der Polizei gestellt haben. Bei ihm wurden mehrere Waffen gefunden. Dem SWR zufolge sei ihm zweimal „die waffenrechtliche Zuverlässigkeit entzogen worden“ sein, zuletzt 2020. Die Saarbrücker Zeitung schreibt, der 38-jährige Andreas S. sei als „Wilderer“ bekannt gewesen und habe „arge finanzielle Probleme“ gehabt. Zudem sei der mutmaßliche Täter Mitglied im Schützenverein gewesen, zuletzt habe er 2020 ein Preisschießen gewonnen. Über den zweiten Verdächtigen ist bislang nichts bekannt. In den einschlägigen Telegramgruppen wird der Tod der beiden Menschen hämisch kommentiert bzw. beklatscht: „2 weniger bei den Spaziergängen“, heißt es da zum Beispiel. Das Landeskriminalamt hat deshalb eine Sonderermittlungsgruppe eingesetzt. 14 Beamte sollen die Verfasser*innen von Hasskommentaren ermitteln: „Die Ermittlungsgruppe steht am Anfang ihrer Arbeit. Zu Ergebnissen werden wir uns zu gegebener Zeit äußern“, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz am Donnerstag mit. Zudem sei eine Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt geplant. Bei aller Bestürzung über die tödliche Gewalt und Mitgefühl mit den Angehörigen der Getöteten, sorgt dieser Ermittlungseifer doch für Irritation bei mir. Es entsteht der Eindruck, dass die Behörden hier offenbar aktiv werden können, wenn sie es denn wollen. Gegen die Urheber*innen von Hatespeech aus den eigenen Reihen, die ihren Rassismus in Chatgruppen freien Lauf lassen, vermisse ich diese Energy.

Dienstag, 1. Februar

In Gemünden (Hessen) hat offenbar ein 43-Jähriger seine 41 Jahre alte Ehefrau getötet. Die Leiche der Frau wurde mit Stichverletzungen am Tatort gefunden. Der Mann wurde nach Polizeiangaben „nach Schusswaffengebrauch“ festgenommen. Der mutmaßliche Täter soll sich zuvor mit einem Messer selbst verletzt haben. Er verstarb am Mittwoch im Krankenhaus. Ob die tödlichen Verletzungen durch Polizeischüsse entstanden, muss jetzt eine Obduktion klären.

Mittwoch, 2. Februar

Wenn es was gibt, was die Welt nicht braucht, dann sind es noch mehr Laber-Podcasts zweier weißer Männer, die Belanglosigkeiten austauschen und sich dabei selbst und gegenseitig beweihräuchern. Von Lobrecht&Schmidt über Lanz&Precht bis Somuncu&Schröder, Männer, die sich selbst sehr wichtig nehmen, plappern Woche für Woche vor einem Millionenpublikum über ihre fragilen männlichen Egos. In diese Kategorie gehören auch Giovanni di Lorenzo und Florian Illies, die im ZEIT-Podcast „Augen Zu“ so etwas wie Kunstkritik machen. „Mit Leidenschaft, Fachwissen und Witz entführen die beiden Gastgeber alle 14 Tage ihre Zuhörerinnen und Zuhörer in die wunderbare Welt der Kunst“, preist die ZEIT ihr Inhouse-Produkt an. Am Mittwoch wurde die neueste Folge veröffentlicht. „Frida Kahlo – warum nur ist sie die berühmteste Künstlerin der Welt?“, heißt die Episode und di Lorenzo und Illies fragen: „konnte Frida Kahlo eigentlich gut malen?“ Ich habe mir diese unangenehme Dreiviertelstunde Cringe angetan, in der Illies u.a. gleichermaßen stolz wie anzüglich erzählt, dass er mal Heinz Berggruen die Hand geschüttelt hat, der „Frida Kahlo mehr als die Hand gegeben“ hat. Würg. Viel mehr fällt Illies zu Frida Kahlo nicht ein, er findet ihr Werk „naiv“, platt, lediglich die Stillleben am Ende ihrer Karriere können an des werten Herren Anspruch vielleicht ein bisschen heranreichen. Klar, über Geschmack lässt sich streiten. Ich erwarte gar nicht, dass ein mittelalter, weißer, cis Mann etwas dabei empfindet, wenn er die Werke von Frida Kahlo betrachtet. Aber darum geht es mir hier auch nicht. Damit, dass Illies und di Lorenzo ernsthaft die Frage stellen, ob „Frida Kahlo eigentlich gut malen“ konnten, stellen sie sich in eine historisch lange Reihe weißer Männer, die die Kunst von Frauen bewerten. Das Wirken nicht-männlicher und nicht-weißer Personen gilt per default als „minderwertig“ und wird erst durch die Validierung des weißen Mannes in den Stand der „Kunst“ erhoben. Seit jeher wurde künstlerisches Schaffen einzig von weißen Männern be- und verurteilt und in aller Regel gilt nur das als ~wirklich~ wertvoll, das von ebenfalls weißen Männern geschaffen wurde. In der Literatur gelten Bücher von Autorinnen noch immer als „Frauenliteratur“ und ganze Bereiche der Kunst werden nicht wahr- und ernstgenommen, weil sie als „weibisch“ gelten (eigentlich jede Form des textilen Gestaltens, Weben, Sticken, Knüpfen, Nähen,… alles, bis auf die Haute Couture, die aber ja auch von männlichen Designern dominiert wird). Ich bin gespannt, ob Illies und di Lorenzo sich in der nächsten Folge der Frage widmen, ob Picasso eigentlich malen konnte, oder ob van Gogh sich nicht nur selbst inszeniert hätte. Wir werden sehen. Ich hoffe, Frida Kahlo spricht gerade in einem Himmelspodcast mit Frantz Fanon darüber, ob Lorenzo und Illies eigentlich schreiben können.

Donnerstag, 3. Februar

Eine aktuelle Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI) belegt, dass die Impfbereitschaft von Menschen aus Einwandererfamilien höher ist als bei Menschen ohne Zuwanderungsgeschichte. Allerdings ist die Impfquote in der Gruppe der Personen mit (familiärer) Einwanderungsgeschichte niedriger: „Die durchschnittliche Impfbereitschaft der Ungeimpften ist bei Befragten mit Migrationsgeschichte (…) signifikant höher als in der Gruppe ohne Migrationsgeschichte“, heißt es im Report. Erklärungsansätze für diese Diskrepanz (also höhere Bereitschaft, aber geringere Impfquote) liegen dem RKI zufolge in sozioökonomischen Merkmalen (Bildung und Einkommen), Diskriminierungserfahrungen im Gesundheits- und Pflegebereich, sowie mangelnden Deutschkenntnissen dieser Gruppe begründet. „Sprachbarrieren können einen Großteil der Impfquotenunterschiede zwischen Personen mit und ohne Migrationsgeschichte erklären“, heißt es im RKI-Report. Das klingt deutlich anders, als die rassistische Behauptung, dass Menschen mit Einwanderungsgeschichte impfskeptischer wären, wie sie zuletzt Berlins Stadtoberhaupt Franziska Giffey verbreitete. Anstatt wiederholt Migrant*innen die Schuld für die hohen Infektionszahlen in die Schuhe zu schieben, sollte der Staat besser daran arbeiten, alle hier lebenden Menschen verständlich zu informieren.

Freitag, 4. Februar

Am Freitag veröffentlichte die Kampagnen-Verein Campact! in den Sozialen Medien eine Grafik zu Femiziden in Deutschland. Ich habe mich sehr gefreut, da sich die Daten auf meine Recherchen aus dem letzten Jahr beziehen. Wenn ihr möchtet, könnt ihr die Petition an Familienministerin Anne Spiegel und Justizminister Marco Buschmann unterzeichnen, die u.a. fordert, das sogenannte „Trennungstötungen“ als Femizide anerkannt werden und sich die vermeintlichen Besitzansprüche der Täter nicht strafmildernd auswirken dürfen. Darüber hinaus wird die Einrichtung einer unabhängigen Beobachtungsstelle gefordert, die alle Femizide in Deutschland erfasst, untersucht Präventionsmaßnahmen entwickelt.

Samstag, 5. Februar

Dass ich Ulf Poschardt für einen der miesesten Hunde der deutschen Medienlandschaft halte, sollte Leser*innen meines Blogs nicht überraschen. Der Chefredakteur des rechten Springer-Blatts ist schon häufiger mit rassistischen und/oder misogynen Takes aufgefallen. Lange schien es, als könne nichts den verdienten Einpeitscher rechter Internettrolle aufhalten – bis gestern. Am Samstag erschien ein Meinungsbeitrag von Ulf Poschardt auf Welt.de, in dem es heißt: „Da müssen sich unbescholtene Bundeswehr-Offiziere wie Marcel Bohnert von super Holocaust-Überlebenden und deren PR-Abteilungen in der ARD in die braune Ecke treiben lassen“. In dem Artikel mit der Überschrift „Faeser sollte sich schnell erklären – und sich klar abgrenzen“ greift Ulf Poschardt Bundesinnenministerin Nancy Faeser an, die in der Vergangenheit mal einen Gastbeitrag im Magazin des VVN-BdA geschrieben hatte. Die „“Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist*innen“ ist die einzige dezidiert antifaschistische Organisation in Deutschland und wurde wegen angeblichem Linksextremismus vom Bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. Der Gastbeitrag von Faeser, die sich selbst als Antifaschistin versteht (was auch sonst?! Wenn Amtsvorgänger kein Antifaschist war, dann ein Pro-Faschist..,?), war ein gefundenes Fressen für alle von rechts bis ganz rechts. Faeser selbst erklärte auf Twitter: „Die von der ‚Jungen Freiheit‘, der AfD und anschließend der BILD-Zeitung und CDU-Abgeordneten erhobenen Vorwürfe sind durchschaubar. Ich habe immer klare Kante gegen Rechtsextremismus und alle Feinde der offenen Gesellschaft gezeigt – und werde das auch weiterhin tun.“ Ulf Poschardt hat indes erstmal klare Kante gegen „Holocaust-Überlebende[n] und deren PR-Agenturen“ gezeigt, aber angeblich aus Versehen. Er habe das nicht geschrieben, es sei ein Fehler beim Digitalisieren des Texts passiert. Ja klar, Ulf, erzähl das deinen Kameraden von der extrem rechten Burschenschaft „Cimbria München“, bei denen der „unbescholtene“ Marcel Bohnert 2015 sein Buch „Der einsame Kämpfer“ vorstellte. „Die Münchner ‚Cimbria‘ zählt zu den ‚weißen‘ Burschenschaften. ‚Das sind diejenigen, die sich für das Völkische, für das deutsche Volkstum ganz besonders einsetzen. Das ist immer auch verknüpft mit der Vorstellung, dass Deutschland viel größer ist als seine nationalen Grenzen‘“, zitierte das ARD-Magazin Panorama die Politikwissenschaftlerin Alexandra Kurth. Wer mehr über Bohnert wissen will: hier entlang.

Sonntag, 6. Februar

In Neutraubling (Landkreis Regensburg) rief am heutigen Sonntag ein 36-jähriger Mann die Polizei und gab an, seine Freundin getötet zu haben. Die Einsatzkräfte fanden in der Wohnung des Mannes die Leiche einer 27-jährigen Frau. Medienberichten zufolge besteht „der Anfangsverdacht, dass er die Frau mit einem Messer getötet hat“. In der Wohnung befand sich ein körperlich unverletztes Kind, das zunächst in staatliche Obhut genommen wurde.

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Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Lisa

    „Frida Kahlo – warum nur ist sie die berühmteste Künstlerin der Welt?“ – das schreit doch förmlich nach #künstlerdran?! Wäre das nicht ein guter Anlass den #dichterdran von 2019 neu aufleben zu lassen?

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